Tiefseefische haben ein ausgezeichnetes Sehvermögen
Geschrieben und geprüft von der Biochemikerin Luz Eduviges Thomas-Romero
Jüngsten Erkenntnissen zufolge haben Tiefseefische, die in Tiefen schwimmen, in die das Sonnenlicht nicht vordringt, ein hervorragendes Sehvermögen entwickelt, das im Tierreich mit nichts zu vergleichen ist.
Dieses starke Sehvermögen steht sicherlich im Einklang mit dem schwachen Leuchten und Funkeln, das andere Lebewesen auf dem Meeresboden ausstrahlen. Wenn du mehr über dieses faszinierende Phänomen wissen willst, lies weiter.
Welche Proteine sind für das Sehen entscheidend?
Es ist wichtig zu wissen, dass Fotorezeptorzellen (Zapfen und Stäbchen) spezialisierte lichtempfindliche Neuronen sind. Diese Zellen besitzen Opsin-ähnliche Proteine, die auf der Grundlage der Sehpigmente, die sie besitzen, auf Licht reagieren.
Die Zapfen enthalten drei verschiedene Arten von Opsinen. Eine mit größerer Empfindlichkeit für lange Wellenlängen (rotes Licht), eine, die für mittlere Wellenlängen (grünes Licht) empfindlich ist – und eine mit größerer Empfindlichkeit für kurze Wellenlängen (blaues Licht). Die Kombination der drei Farben (rot, gelb und blau) ist die Grundlage für die Farbwahrnehmung.
Die Stäbchen, die Rhodopsine enthalten, sind empfindlicher für die Helligkeit. Sie sind also für das Sehen bei schwachem Licht verantwortlich, da sie eine höhere Empfindlichkeit für die 500-Nanometer-Wellenlänge, also für blau-grünes Licht, haben. Das Problem ist nur, dass die Wahrnehmung monochromatisch ist und wir Menschen dadurch nur eine Skala von “Grautönen” sehen können, die von der Lichtmenge abhängt.
Wie haben Tiefseefische das ausgezeichnete Sehvermögen entwickelt?
Wie kürzlich herausgefunden wurde, besitzen einige Tiefseefische eine außergewöhnliche Anzahl von Genen, die den Code für Stäbchen-Rhodopsine “liefern”. Weiter oben wurde bereits erwähnt, dass es sich dabei um Netzhautproteine handelt, die den Lichtpegel erkennen und bei schwachen Lichtverhältnissen unverzichtbar sind.
Diese zusätzlichen Gene haben sich so diversifiziert, dass sie Proteinvarianten hervorbringen, die sich mit der Fähigkeit entwickelt haben, alle möglichen Photonen bei mehreren Wellenlängen einzufangen. Das könnte bedeuten, dass Fische, die in der Tiefsee leben, trotz der Dunkelheit farbig sehen können.
Warum sind diese Erkenntnisse bei Tiefseefischen wichtig?
In einer Tiefe von 1000 Metern ist in klarem Wasser der letzte Schimmer des Sonnenlichts verschwunden. Deshalb erwartet man, dass die Augen der Fische im Reich der Dunkelheit eher verkümmert sind, weil sie in der Dunkelheit keine eindeutige biologische Funktion haben.
Entgegen früherer Annahmen haben Forscher:innen jetzt erkannt, dass die Tiefsee von einer schwachen Biolumineszenz durchdrungen ist. Diese kommt von verschiedenen Tierarten wie Garnelen, Tintenfischen, Bakterien und sogar einigen Fischen, kann aber nicht so leicht wahrgenommen werden. Daher ist es normal, dass sich bestimmte Raubtiere anpassen und ihre Sehkraft verbessern, um ihre Beute zu erkennen.
In dieser marinen Nische wären die meisten Wirbeltieraugen kaum in der Lage, ein subtiles Leuchten zu erkennen. Eine Gruppe von Expert:innen hat jedoch bei 101 Fischarten, darunter sieben Tiefseefischen aus dem Atlantik, nach Opsin-Genen gesucht.
Dabei stellten sie fest, dass die meisten Flachwasserfische ein oder zwei RH1-Opsine besitzen. Vier der Tiefseearten hoben sich jedoch von den anderen ab, da sie mindestens fünf RH1-Gene besaßen. Überraschenderweise hatte einer der Tiefseefische, der Silberkopf (Diretmus argenteus), 38 RH1-Gene.
Ein Fisch, der auf Biolumineszenz eingestellt ist
Die oben genannte Studie zeigte auch, dass viele der Opsin-Proteine in den Stäbchen des Silberkopfs für verschiedene Wellenlängen empfindlich sind. Dadurch kann diese Fischart das gesamte Spektrum der Biolumineszenz (das schwache Licht, das von anderen Lebewesen ausgestrahlt wird) wahrnehmen.
Die Ergebnisse der Studie deuten auch darauf hin, dass Tiere, die in einer Umgebung mit extremem Lichtmangel leben, einem natürlichen Selektionsdruck zur Verbesserung der Sehleistung unterliegen. Für diese Fische kann die schwache Biolumineszenz in der Tiefe genauso lebendig und vielfältig sein wie die helle Welt an der Oberfläche.
Andere Tiefseefische können rotes Licht sehen
In einer weiteren Studie, bei der drei Arten von Drachenfischen in der Tiefsee untersucht wurden, fand man heraus, dass die Tiere dieses Taxons nicht nur rotes Licht in Lichtorganen unterhalb des Auges produzieren. Zudem haben sie auch Augen, die für diesen Teil des Spektrums empfindlich sind.
Zweifellos verschafft ihnen diese Fähigkeit den einzigartigen Vorteil, miteinander kommunizieren zu können. Dies dient in der Regel der Fortpflanzung, aber auch der “Beleuchtung”, wenn die Fische ihre Beute jagen oder vor potenziellen Fressfeinden fliehen – alles Lebewesen, die nicht langwellig sehen können.
Mögliche Anwendungsgebiete für dieses Wissen
Möglicherweise bilden diese Studien eine Wissensbasis, die in Zukunft dazu beitragen könnte, z. B. Nachtblindheit zu lindern und sogar neurodegenerative Netzhauterkrankungen zu behandeln. Zweifellos sind die zukünftigen Anwendungen dieser Erkenntnisse “vielversprechend”, um es vorsichtig auszudrücken.
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