Wie regeneriert eine Eidechse ihren Schwanz?
Geschrieben und geprüft von dem Biologen Cesar Paul Gonzalez Gonzalez
Einige Echsen verfügen über eine Strategie namens „Schwanzautonomie“, bei der sie ihre Schwänze abtrennen, um vor Raubtieren zu fliehen. So sind Eidechsen in der Lage, ihren Feinden den abgeworfenen Schwanz zum Fressen vorzuwerfen, der noch bis zu 20 Minuten weiter zappeln kann. So sind die Feinde abgelenkt, während die Eidechse sich in Sicherheit bringt. Allerdings kann das Tier den Schwanz nicht noch ein weiteres Mal an der gleichen „Sollbruchstelle“ abwerfen.
Diese kuriose Fähigkeit ist bei mehreren Echsen-, Gecko- und Salamanderarten sehr ausgeprägt. Außerdem hat das Zappeln des abgetrennten Schwanzes, der dann nicht mehr von übergeordneten Nervenzellen gesteuert wird, die Aufmerksamkeit einiger Forscher auf sich gezogen. Möglicherweise lassen sich daraus Rückschlüsse für die therapeutische Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen ziehen. Lies weiter und erfahre, wie Echsen ihren Schwanz regenerieren.
Wie wirft eine Eidechse ihren Schwanz ab?
Die „Schwanzautonomie“ ist ein großartiger „Trick“ des Tieres, um zu überleben. Dabei werden Muskeln, Blutgefäße und Wirbelknochen abgetrennt, um den Schwanz zu „opfern“ und als Köder zu verwenden. Dazu müssen die Echsen die Struktur nicht selbst „abreißen“, sondern Ringmuskeln können ab den letzten sechs Schwanzwirbeln Segmente rasch abzuschnüren. Die Eidechse kann den Schwanz auf diese Weise in beliebiger Länge „abschneiden“.
Der Prozess wird durch das Vorhandensein von „Sollbruchstellen“ erleichtert, die verschiedene Abschnitte des Schwanzes quer abtrennen. Dadurch ist nur ein geringer Kraftaufwand nötig, um die Struktur zu amputieren, ohne dass das Tier großen Schaden erleidet. Laut Fachartikeln wird auch die Blutzufuhr zum Schwanz gestoppt, wodurch ein tödliches Ausbluten verhindert wird.
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Was bringt es einer Eidechse, ihren Schwanz abzuwerfen?
Es mag unplausibel erscheinen, dass das bloße Amputieren des Schwanzes die Überlebensrate einer Spezies erhöhen würde. Das ist jedoch durchaus möglich und real. Sobald der Schwanz abgetrennt ist, bewegt er sich durch aktive Muskeln und Nerven weiter, als wäre er ein lebendiges Wesen. Dadurch wird das Raubtier von dem „Köder“ angelockt und das Reptil hat genug Zeit, um zu entkommen.
Für ein Lebewesen ist dieser Vorgang ziemlich „kostspielig“, da der Schwanz grundlegende Funktionen beim Halten des Gleichgewichts, bei der Paarung und als Energiespeicher hat. Das bedeutet, dass der Schwanzabwurf nur als letzter Ausweg eingesetzt werden darf, um ein Todesurteil für das Reptil zu verhindern.
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Wie kommen Echsen mit dem Verlust des Schwanzes zurecht?
Der Verlust des Schwanzes verschafft Echsen einen unmittelbaren Vorteil, um Raubtieren zu entkommen. Diese Struktur ist jedoch lebenswichtig für die Tiere und sie müssen sie wiedergewinnen, um Schwierigkeiten bei der Fortbewegung und der Paarung zu vermeiden. Deshalb haben sie einen beeindruckenden Regenerationsmechanismus entwickelt, der es ihnen ermöglicht, den abgeworfenen Schwanz „wiederherzustellen“. Das einzige Problem ist, dass dies einen hohen Energieaufwand für das Tier darstellt.
Der Prozess, mit dem Eidechsen ihren Schwanz regenerieren, ist unglaublich. Die Tiere bauen ein ganzes Körperglied wieder auf, ohne eine „Form“ dafür zu haben. Dieser Prozess ist dem, was bei der Embryonalentwicklung mit Stammzellen passiert, sehr ähnlich. Aus diesem Grund ist dieser Vorgang einer der beliebtesten Themen in der wissenschaftlichen Forschung.
Der Mechanismus, der hinter der Regeneration steckt
Der Schwanz regeneriert sich mithilfe von Muskelsatellitenzellen, deren Aufgabe es in jedem Organismus ist, beschädigtes Gewebe zu reparieren. Bei Eidechsen ist dieser Zellstamm in der Lage, zusätzliche Gene „einzuschalten“ und mehr als nur Muskeln wiederherzustellen. Dieser Prozess ermöglicht die Regeneration.
Ganz allgemein gesagt, holen sich die Satellitenzellen Gene aus dem Embryonalstadium zurück, um sie zu „steuern“. Dadurch erhalten sie detaillierte Anweisungen, wie sie den Schwanz mit Nerven, Blutgefäßen, Muskeln und Epidermis wieder aufbauen sollen.
Die Regeneration ist ein sehr komplizierter Prozess, dessen Mechanismus noch nicht vollständig verstanden ist. Laut einem Artikel aus der Zeitschrift Spektrum wird jedoch geschätzt, dass etwa 326 verschiedene Gene daran beteiligt sind. Jedes von ihnen ist an verschiedenen Signalen und Aktivitäten beteiligt, sodass es sehr schwierig ist, die Wege der Interaktion zu bestimmen und die Rätsel des Mechanismus zu lösen.
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Das „neue“ Körperteil gleicht dem abgeworfenen Schwanz nicht mehr ganz
Obwohl der Regenerationsprozess einen neuen Schwanz hervorbringt, kehrt dieser nie wieder auf das gleiche Niveau wie der erste zurück. Das liegt daran, dass die Satellitenzellen nicht genügend Kapazität haben, um wie eine Stammzelle zu funktionieren. Daher entsteht eine funktionale Struktur – allerdings mit offensichtlichen Unterschieden.
Regenerierte Schwänze können mit bloßem Auge unbemerkt bleiben, da sie in der Regel die gleiche äußere Farbe und Beschaffenheit wie der Rest des Körpers haben. Ihre Zusammensetzung ändert sich jedoch und weist die folgenden Merkmale auf:
- Verkalkter Knorpelstab: Die Wirbel, die bei der „Schwanzautonomie“ verloren gingen, regenerieren sich nicht als Knochen, sondern als gehärteter (kalziumhaltiger) unsegmentierter Knorpelstab.
- Rudimentärer Muskel: Die Muskelfasern werden ohne die ursprüngliche Komplexität und Anordnung rekonstruiert. Dies hat keine großen Auswirkungen auf ihre Funktion.
- Kürzere Nerven: Die Regeneration bewirkt, dass die Nerven kürzer werden. Allerdings nehmen sie in der Anzahl zu, was dazu beiträgt, den Verlust der Schwanzbewegung zu verhindern.
Obwohl Eidechsen ihre Schwänze nicht perfekt regenerieren können, ist die „Schwanzautonomie“ die Ultima Ratio, welche sich als recht vorteilhaft erwiesen hat. Schließlich dauert es nur etwa 60 Tage, bis die verlorene Struktur wiederhergestellt ist. Die Verwendung des Schwanzes als Köder ist eine probate Investition des Tieres, um einen weiteren Tag zu überleben.
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