Was ist eigentlich Zooanthropie?
Die Zooanthropie ist eine psychologische Bewusstseinsstörung, bei der eine Person glaubt, dass sie sich in ein Tier verwandelt hat oder sich in eines verwandeln könnte. Es gibt verschiedene Arten der Zooanthropie, je nach Tier, das die Person glaubt, zu sein.
In der wissenschaftlichen Literatur kann man bis zu sechsundfünfzig klinische Fälle von Zooanthropie finden. Es scheint auch viele weitere Fälle in der Geschichte gegeben zu haben, die jedoch nicht festgehalten wurden.
Die Lycanthropie
Die Lycanthropie – die durch unser Titelbild dargestellt wird – ist eine magische Fähigkeit, sich in einen Wolf oder Werwolf zu verwandeln. Der Werwolf ist eine legendäre Kreatur, halb Wolf und halb Mensch. Die Mythologie erzählt uns, dass ein Mensch sich aufgrund eines Fluches in einen Werwolf verwandelte. Dies geschah in Vollmondnächten.
Natürlich erscheint uns das wie reine Erfindung, doch durch die Geschichte hinweg hat es klinische Fälle von Menschen gegeben, die wirklich glaubten, sich in diese Kreatur verwandelt zu haben.
Diese Menschen waren nicht nur davon überzeugt, Werwölfe zu sein, sondern sie verhielten sich auch entsprechend. Sie heulten, liefen auf vier Pfoten, zeigten sich aggressiv oder ernährten sich von rohem Fleisch.
Weitere Zooanthropien
Es gibt auch andere Varianten der Zooanthropie, selbst wenn die Lykanthropie die bekannteste ist. Bei der Hypanthropie meinen oder verhalten sich die betroffenen Personen wie Pferde, während es bei der Boanthropie um Kühe geht.
Die ersten Kritiken bei den Impfungen gegen Pocken basierten auf der Boanthropie.
Edward Jenner war ein medizinischer Forscher, der im Jahr 1797 die erste Inokulation der Pockenimpfung durchführte. Jenner stellte seinen Impfstoff auf der Basis des Virus der Kuhpocken her, der dem Pockenvirus der Menschen sehr ähnlich ist.
Seine Impfungen waren erfolgreich und retteten viele Leben. Dennoch gab es eine Gegenbewegung, die behauptete, dass die geimpften Personen Appetit wie ein Rind entwickelten, muhten und sich auf vier Pfoten fortbewegten, während sie mit dem Kopf auf den Boden schlugen, geradeso, als hätten sie Hörner.
Zooanthropie in der Geschichte
Auch wenn nur sehr wenige Fälle registriert wurden, so ist dieser Glaube dennoch sehr alt und in verschiedenen Kulturen repräsentiert. Im Mittelalter glaubte man, dass Personen, die Anzeichen von Zooanthropie zeigten, von Dämonen besessen seien. Deshalb verfolgte und verbrannte man sie.
Mit der Zeit und dem medizinischen Fortschritt kam man jedoch zu dem Schluss, dass diese Personen eher an einer Bewusstseinsstörung leiden könnten als von einem Dämonen besessen zu sein. Außerdem führte der wissenschaftliche Fortschritt dazu, dass der volkstümliche Glaube etwas nachließ.
So kam es ebenfalls dazu, dass die Fälle von Zooanthropie, die sowieso schon nur in geringen Zahlen auftraten, noch weiter zurückgingen.
Wie kommt es zur Zooanthropie?
Es ist schwer, festzustellen, was genau diese Pathologie hervorruft, da es nur sehr wenig Information gibt und die Studien darüber nicht besonders genau sind. Alles scheint darauf hinzudeuten, dass die Symptome der Zooanthropie mit Bewusstseinsstörungen wie etwa der Schizophrenie zusammenhängen.
Bei den beiden erforschten Fällen von Lykanthropie hat man mittels Techniken diagnostischer Bildgebung Veränderungen in den Bereichen des Gehirns festgestellt, die die Tiefensensibilität und die sensorische Wahrnehmung verarbeiten.
Die Tiefensensibilität ist die Fähigkeit, zu erkennen, wo unsere Muskeln sich befinden und welche Haltung wir einnehmen. Diese ist bei solchen Patienten verändert.
Weitere Krankheiten, die damit verbunden sind, ist die sogenannte wahnhafte Störung der paranoiden Psychose. Es gibt andere Meinungen, die Lykanthropie als eine Art von Vermeidung von schwereren psychologischen Problemen ansehen.
Welches auch immer ihr Ursprung ist, es ist klar, dass es sich um ein mentales Problem handelt und nicht um Menschen, die magisch oder vom Teufel besessen sind.
Zooanthropie in der Kultur
Im Volksglauben fast aller Kulturen gibt es Wesen, die sowohl menschliche als auch tierische Merkmale aufweisen. Sogar in vielen Religionen, vom antiken Ägypten bis zu den indischen Gottheiten, verehrt man zooanthropische Figuren.
Vergessen wir auch nicht die berühmten Kinder, die von wilden Tieren großgezogen wurden, wie zum Beispiel Marcos Rodríguez Pantoja in Spanien, der bis im Alter von zwölf Jahren mit Wölfen zusammenlebte.
Hunde, Katzen, Ziegen und sogar Vögel sind einige der Tiere, die menschliche Kinder adoptiert haben, als wären es ihre eigenen Jungen.
Es brauchte jahrelange Therapie, um diese zooanthropisierten Kinder an das Leben unter Menschen zu gewöhnen. Sie hatten allerdings keine psychologische Bewusstseinsstörung, sondern ,wurden zu Tieren’, um zu überleben.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Blom JD. Clinical zoanthropy. Tijdschr Psychiatr. 2013;55(5):359-68.
- Science blogs. Vaccines and the Boanthropy Risk.
- Oscar Castillero Mimenza. Licantropía clínica: personas que creen transformarse en animales. Psicología y mente.
Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.