Artenschutzprobleme im Kontext der TCM
Geschrieben und geprüft von dem Tierarzt Eugenio Fernández Suárez
Mit der wachsenden Kaufkraft Chinas steigt auch die Zahl der Tiere, deren Körperteile in der Traditionellen Chinesische Medizin (TCM) verwendet werden. Immer mehr Menschen finden Zugang zu den uralten und in den Augen der Anhänger:innen wirksamen Behandlungen, bei denen Bestandteile von bedrohten Tierarten verwendet werden.
Auch in Europa wird die rund 3.000 Jahre alte TCM zunehmend zum Trend. Dazu gehören beispielsweise Behandlungen, die mit Tigerknochen oder mit dem pulverisierten Horn eines Nashorns das Chi zum Fließen bringen sollen. Die Bedrohung der betroffenen Spezies nimmt zu.
Tatsächlich gibt es viele Tierarten, deren Körperteile für fernöstliche Behandlungen verwendet werden, von Kühen bis zu Skorpionen, von Schlangen bis zu Seepferdchen. Diese Praxis führt langfristig zum Aussterben von Arten. Kurz: Viele Anwendungen der TCM gefährden die Tiere.
Nashörner im Rampenlicht
Asiatische Nashörner werden seit Jahrtausenden gejagt, vor allem, um Teile ihrer Anatomie zu gewinnen. Besonders berühmt sind ihre Hörner, für die heute bis zu 50.000 Euro pro Kilogramm gezahlt werden.
Diese intensive Bejagung hat dazu geführt, dass das Breitmaulnashorn zu den durch die TCM bedrohten Tierarten gehört. Es gibt nur wenige wissenschaftliche Belege für den positiven Effekt solcher Heilmethoden, auch wenn Patient:innen manchmal aufgrund des sogenannten Placebo-Effekts eine Besserung verspüren. Zudem hat das Horn des Breitmaulnashorns die gleichen Eigenschaften wie menschliche Fingernägel oder Haare – es besteht ausschließlich aus Keratin.Zwar hat sich das Breitmaulnashorn von seiner Ausrottung erholt. Doch nach dem jüngsten Verschwinden der nördlichen Unterart und der steigenden Nachfrage nach Hörnern befürchten viele, dass die Nashörner durch die Unwissenheit der Menschen dem Untergang geweiht sind.
Großkatzen: Der Fall des Tigers
Eines der Tiere, die durch die TCM gefährdet sind, ist der Tiger. Er ist eines der symbolträchtigsten Tiere Chinas und die TCM verwendet fast alle Teile des Tigers. Vor allem die Knochen, denn Tigerknochen können bis zu 400 Dollar pro Kilogramm erzielen.
Leider hat dies dazu geführt, dass Tiger gezüchtet werden, als wären ihre Körper von Geburt an für die spätere Zerteilung bestimmt. Außerdem hat die prekäre Situation des Tigers in der Wildnis – es gibt nur noch 3.000 Exemplare – dazu geführt, dass der Tiger von anderen, häufigeren Großkatzenarten wie Löwen oder Jaguaren verdrängt wurde.
Die Zucht von Tigern und Löwen in Farmen, in denen die Raubkatzen wie Vieh gehalten werden, ist eine wahre Goldgrube. Für Afrika ist das verheerend, denn viele Touristen glauben die aufgestellte Behauptung, die Tiere lebten in Schutzgebieten. Sie dürfen die Jungtiere streicheln, die später mit den Besucher:innen auf einen Spaziergang gehen dürfen.
Es gilt in diesem Fall, misstrauisch zu sein, wenn ein Zoo oder ein “Schutzgebiet” Besucher:innen erlaubt, Tigerjunge zu streicheln oder zu pflegen. Sei misstrauisch gegenüber jeder Attraktion, die Interaktionen mit wilden Tieren verspricht.
Als erwachsene Tiere ereilen Zucht-Tiger zwei Schicksale. Die spektakuläreren Männchen werden zur Jagd versteigert, während die Weibchen oft zur Herstellung von Reiswein verwendet werden. Dieser ist in China ein Statussymbol und besteht aus Wein, in den Tiger- oder Löwenknochen eingelegt werden.
Auch Bären fallen der TCM zum Opfer
Viele Teile der Anatomie von Bären landen auf dem Müll. Die Galle ist jedoch zu einer der begehrtesten Ressourcen in der TCM geworden. Dies gilt vor allem für Bärenarten wie den Malaienbären und Kragenbären.
Auch diese Art wird in Farmen zu Hunderten gezüchtet, um die geringe Menge Galle, die die Gallenblase produziert, zu gewinnen. Auf dem Schwarzmarkt werden selbst kleine Mengen für ein Vermögen verkauft. Die Bären leben in winzigen Käfigen und wachsen mit Knochen- und Muskeldeformationen auf. Die Züchter:innen machen sich darüber keine Sorgen, denn die Knochen sind für sie wertlos.
Das Schuppentier, das am meisten gefährdete Tier
Von allen Tieren ist das Schuppentier (Pangolin) durch die Anwendung in der TCM am meisten gefährdet. Auch hier erweist sich das Keratin der Schuppen als unwirksame Behandlungsmethode. Der Gewinn für Wilderer ist jedoch enorm.
Wilderer erbeuten tonnenweise Schuppen dieser Tiere und verladen diese beispielsweise auf Schiffe. Für eine Ladung müssen 20.000 Tiere ihr Leben lassen. Mit einem Kilo Schuppen verdient man kommerziell mit Leichtigkeit 3.000 Euro.
Trotz des enormen Schutzes, den diese Tierart genießt, gehen Fachleute davon aus, dass jedes Jahr mehr als 100.000 Schuppentiere der Jagd zum Opfer fallen. Schuppentiere sind einfach zu fangen und zu töten, da ihr Schutz darin besteht, sich zusammenzurollen und still liegenzubleiben.
Die Exzentrizität, mit der Teile dieser Tiere verzehrt werden, grenzt ans Absurde. Suppen mit Tigerpenis oder Föten von Schuppentieren versprechen eine fast wundersame Steigerung der männlichen Potenz. Natürlich schüttelt jeder wissenschaftlich orientierte Mensch über solche Behauptungen den Kopf.
Der Hai, das am meisten ausgebeutete Tier der Welt
Überall auf der Welt ist der Hai vom Räuber zur Beute geworden. Der Körper des Hais ist wertlos, deshalb schneiden ihm Fischer die Flossen ab (Finning) und werfen ihn zurück ins Meer, wo er langsam und unter Qualen stirbt. Die Flossen sind bis zu 30 Mal mehr wert als das Fleisch, sodass die Haie dazu verurteilt sind, für Haifischflossensuppe qualvoll zu sterben.
Obwohl die Haifischflosse angeblich nützliche Eigenschaften hat, ist sie in Wirklichkeit ein Beispiel dafür, dass viele dieser gastronomischen und medizinischen Exzentrizitäten in Wirklichkeit nur dem Status dienen. Leider sind Haie, Tiger, Bären und andere Tiere, deren Körperteile für die Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verarbeitet werden, in Wirklichkeit durch Ignoranz und Macht bedroht.
Unglücklicherweise werden viele Haiarten, wie der Blauhai, beispielsweise von anderen Ländern wie Spanien, die in dieses dunkle Geschäft verwickelt sind, nach China exportiert. Obwohl der Fang in diesen Ländern ethisch durchgeführt wird, fördert der Verkauf von Haifischflossen nach dem Tod des Tieres fragwürdige Überzeugungen und füllt die Kassen europäischer Unternehmen.
Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.