Harpyien, die riesigen Greifvögel Südamerikas
Geschrieben und geprüft von der Biochemikerin Luz Eduviges Thomas-Romero
Harpyien oder amerikanische Harpyienadler (Harpia harpyja) sind die größten und kräftigsten Greifvögel, die in den Amazonaswäldern leben. Es gibt weltweit ungefähr 60 bekannte Adlerarten, von denen nur zwei in den Vereinigten Staaten und Kanada leben. Weitere neun leben in Mittel- und Südamerika. Die restlichen Arten stammen aus Afrika und Eurasien.
Interessant ist, dass der Name dieses riesigen Greifvogels von den Harpyien der griechischen Mythologie stammt. Sie wurden als wunderschöne geflügelte Frauen beschrieben; mit einem Vogelkörper, auf dem sich ein Frauenkopf befand. Sie waren die Töchter des Meerestitanen Thaumas und der Okeanide Elektra. Harpyien können normalerweise zwischen 25 und 35 Jahre alt werden.
Taxonomische Klassifikation von Harpyja
Wenn es um die Taxonomie dieser Vögel geht, ergibt sich mitunter ein etwas verwirrendes Bild. Allerdings hat das Aufkommen molekularer Techniken dazu geführt, die Klassifikation zu erleichtern und zu klären. Gegenwärtig gibt es drei anerkannte Gattungen – Harpia, Morphnus und Harpyopsis – die jeweils eine eigene Klade (monophyletische Gruppe) bilden.
Zu jeder dieser drei Gattungen gehört nur jeweils eine einzige Art. Darüber hinaus leben Harpia harpyja and Morphnus guianensis in den gleichen geografischen Regionen und haben einige gemeinsame körperliche Merkmale. Daher können sie bei Sichtungen auch leicht miteinander verwechselt werden.
Größe und Gefieder sind die herausragendsten Merkmale der Harpyien
Ihre Körpergröße variiert zwischen 89 und 110 Zentimetern, während die Flügelspannweite erwachsener Weibchen bis zu 2 Meter erreichen kann. Im Allgemeinen sind die männlichen Vögel kleiner und wiegen zwischen 5 und 7,5 Kilogramm. Die Harpyien-Weibchen wiegen zwischen 7 und 9 Kilogramm.
Darüber hinaus ist ein weiteres charakteristisches Merkmal von Harpyien, dass das Deckgefieder, die Schultern, der äußere Teil der Flügel und des Rumpfes bei erwachsenen Tieren eine schwarze schiefer- oder dunkelgraue Farbe haben. Außerdem besteht ihr Schwanz aus langen grauen Federn mit horizontalen Streifen. Brust, Bauch und Flanken sind weiß oder hellgrau mit schwarzen Querstreifen.
Der Kopf und das Gefieder der Beine sind hellgrau und um den Hals verläuft ein dunkles Band. Auffällig ist der breite, zweizipflige Federschopf, der sich am Hinterkopf der Harpyien befindet. Er richtet sich auf, wenn sich die Vögel bedroht fühlen. Darüber hinaus vermuten einige Experten, dass diese Krone dazu dienen könnte, Geräusche wahrzunehmen, ähnlich wie die Gesichtsscheibe bei Eulen.
Der amerikanische Harpyienadler hat einen schwarzen oder dunkelgrauen Schnabel, die Beine sind hellgelb mit kräftigen schwarzen Krallen, die zwischen 7 und 12 Zentimetern lang sein können.
Merkmale, aufgrund derer Harpyien (Harpia harpyja) leicht mit ihren Verwandten, den Würgadlern, verwechselt werden
Zuerst einmal solltest du wissen, dass das Gefieder der Harpyien bis zum Erwachsenenalter mindestens vier Farbveränderungen durchläuft. Tatsächlich haben diese Vögel erst im Alter von 4 bis 5 Jahren das vollständige Fiederkleid eines ausgewachsenen Vogels.
Zunächst haben die Harpyien ein komplett weißes Fiederkleid. Anschließend färbt sich dann der Rücken creme-grau und die Flügel bekommen schwarze Flecken. Wenn die Vögel dann etwas älter werden, haben sie am Schwanz 7 bis 8 schwarze Streifen und einen viel üppigeren Kamm als ausgewachsene Tiere.
Der junge Würgadler (Morphnus guianensis) hingegen ist überwiegend weiß und hat dunklere Flügel. Darüber hinaus unterscheidet er sich von Harpyien (Harpia harpyja) dadurch, dass er etwas kleiner und insgesamt schmaler ist. Aus diesem Grund können junge Harpyien leicht mit Würgadlern verwechselt werden.
Eine Möglichkeit, die beiden Arten voneinander zu unterscheiden, besteht in der Tatsache, dass Harpyien einen längeren Kamm haben. Dieser ist klar in zwei Teile unterteilt und hat in der Mitte eine Gabelung. Darüber hinaus ist es hilfreich, die Vögel im Flug zu beobachten, denn nur Harpyien haben schwarze und weiße Streifen auf ihren Flügeln.
Harpyien und ihre geografische Verbreitung
Harpyien leben in tropischen und subtropischen Wäldern, im Tiefland und auf Hügeln. In Anbetracht der ständigen Eingriffe der Menschen in diese Gebiete Mittel- und Südamerikas hat sich diese Spezies zu einem gewissen Grad an die Fragmentierung ihres Lebensraumes angepasst.
Infolgedessen kann der amerikanischen Harpyienadler auch in isolierten Primärwäldern, selektiv abgeholzten Wäldern und wieder aufgeforsteten Wäldern überleben, wenn sich dort einige große Bäume befinden. Normalerweise lebt er in Höhenlagen bis zu 800 Metern über dem Meeresspiegel. Allerdings wurden auch schon Exemplare in einer Höhe von bis zu 2.000 Metern gesichtet.
Diese Spezies lebt im südlichen Mexiko, im südlichen Kolumbien, Venezuela, Bolivien, Brasilien, Nordostargentinien und Paraguay. Obwohl Harpyien früher auch in westlichen Kolumbien und in Ecuador sesshaft waren, wurden sie aus diesen Regionen vertrieben.
Harpyien sind mächtige Raubvögel
Diese Raubvögel haben einen abwechslungsreichen Speiseplan. Aber verschiedene Studien haben gezeigt, dass ihr Lieblingsfutter auf dem Baum lebende Säugetiere wie Faultiere sind. Darüber hinaus jagen Harpyien Affen, Agutis, Gürteltiere und Hirsche. Außerdem fressen sie andere Vögel, wie beispielsweise Aras und andere Papageienarten. Und schließlich stehen auch Reptilien auf ihrem Speiseplan, einschließlich großer Eidechsen und Schlangen.
Es gibt Berichte darüber, dass dieser Raubvogel Beutetiere jagen kann, deren Körpergewicht sein eigenes übertrifft. Wie die meisten Jäger tragen auch die Harpyien dazu bei, die Populationen ihrer Beutetiere unter Kontrolle zu halten. Daher spielen Harpyien eine wichtige Rolle bei der Kontrolle von Mesoprädatoren wie Kapuzineraffen.
Verhaltensmerkmale der Harpyien
Harpyien sind stark territoriale Tagesjäger, die für ihre Jagd ein Gebiet von mindestens 30 Quadratkilometern benötigen. Darüber hinaus gehen diese Vögel monogame Partnerschaften ein und vermehren sich nur mit diesem Partner. Daher werden häufig Paare mit einem kleinen Jungtier beobachtet.
Außerdem ist es interessant zu wissen, dass diese Vögel bestimmte Laute (Vokalisierungen) nutzen, um miteinander und bei Paarungsritualen zu kommunizieren. Darüber hinaus bringen sie häufig Vokalisierungen hervor, wenn sie auf Ästen oder Stangen sitzen. Experten gehen davon aus, dass es sich hierbei um ein territoriales Verhalten handelt. Diese Vögel sind unglaublich gute Flieger und sie manövrieren sehr geschickt in der dichten Vegetation ihres bewaldeten Lebensraumes.
Harpia harpyja und ihr Erhaltungszustand
Hayrpyien erscheinen auf der Roten Liste der IUCN als Art der Vorwarnliste (Near Threatened) und ihre Population geht zurück. In Gebieten, in die der Mensch bereits sehr aktiv eingegriffen hat, ist diese Spezies aber schon ausgerottet.
Dies ist hauptsächlich auf die Zerstörung ihres Lebensraumes durch Holzeinschlag und Landwirtschaft zurückzuführen. Darüber hinaus werden für die Holzindustrie Dämme (und ähnliches) gebaut und die Wälder mit exotischen Arten aufgeforstet. Auch der Handel dieser Vögel und ihre Bejagung stellen eine weitere Bedrohung dar.
Es gibt Berichte darüber, dass Harpyien von Landwirten gejagt werden, da sie diese Raubvögel als Bedrohung für ihre Nutztiere betrachten. Daher wurden bereits Programme aufgesetzt, um Landwirte und Jäger über diese Tiere aufzuklären und das Bewusstsein und das Verständnis für diese großartigen Greifvögel zu erhöhen.
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