Voeltzkow-Chamäleon nach 100 Jahren in Madagaskar gesichtet

Das Voeltzkow-Chamäleon wird zwischen 13 und 26 Zentimeter lang, wobei die Weibchen meist kleiner sind als die Männchen. Möchtest du wissen, warum diese Art für hundert Jahre aus dem Blickfeld des Menschen verschwunden ist?
Voeltzkow-Chamäleon nach 100 Jahren in Madagaskar gesichtet
Cesar Paul Gonzalez Gonzalez

Geschrieben und geprüft von dem Biologen Cesar Paul Gonzalez Gonzalez.

Letzte Aktualisierung: 18. Dezember 2022

Eine Art für ausgestorben zu erklären, ist kein einfacher Vorgang, da mehrere Studien erforderlich sind, um diese Behauptung zu belegen. Daher gibt es viele “verschwundene” Tiere, bei denen sich Fachleute nicht sicher sind, ob sie wirklich vollständig verschwunden sind oder nicht. Ein Beispiel dafür ist das Voeltzkow-Chamäleon, ein wunderschönes Reptil, das seit mehr als einem Jahrhundert verschwunden war… bis zum Jahr 2018.

Der wissenschaftliche Name dieser Art ist Furcifer voeltzkowi und sie gehört zur Familie der Chamaeleonidae. Dieses Reptil ist im Nordwesten Madagaskars beheimatet und wurde erstmals 1893 beschrieben. Allerdings wurde es zuletzt 1905 gesehen und war dann für mehr als ein Jahrhundert verschwunden. Lies weiter und erfahre mehr über die Geschichte des Voeltzkow-Chamäleons.

Eine wenig bekannte Art

Im Jahr 1893 beschrieb der deutsche Herpetologe Oskar Böttger mehrere Reptilien aus der Sammlung des Frankfurter Senckenberg Museums für Naturkunde. Darunter war auch ein wunderschönes grünes Chamäleon mit einem Horn, das dem des Madagaskar-Chamäleons (Furcifer labordi) ähnelt. Diese neue Art wurde nach dem Zoologen Alfred Voeltzkow benannt.

Zu diesem Zeitpunkt war nur das Aussehen des Reptils bekannt und dass es im nordwestlichen Madagaskar heimisch war. Doch zwischen 1903 und 1905 unternahm derselbe Naturforscher Alfred Voeltzkow eine Expedition nach Ostafrika und begegnete dem Chamäleon erneut, was ihm die Möglichkeit gab, es besser zu beschreiben.

Dennoch war dies das letzte Mal, dass man für mehrere Jahrzehnte von diesem Tier erfuhr.

Auf der Suche nach verschollenen Arten

Etwas mehr als ein Jahrhundert später stellte die gemeinnützige Organisation Global Wildlife Conservation eine Liste mit den 25 meistgesuchten verschwundenen Arten des Jahres 2017 zusammen. Damit wollte man Fachleute dazu “animieren”, die Arten zu finden oder aber ihr Aussterben zu bestätigen. Exemplare wie der Pilzzungensalamander (Bolitoglossa jacksoni), der Vietnamesische Maushirsch und die Wallace-Riesenbiene waren die ersten, man wiederentdeckte.

Voeltzkows Chamäleon rangierte auf Platz sechs der Liste, sodass neue Expeditionen vorbereitet wurden, um nach dieser und anderen Reptilienarten zu suchen. Damit hofften Experten und Expertinnen, alle Fakten, die es über diese Tiere noch zu entdecken gab, enträtseln zu können.

Die Expedition in den Nordwesten Madagaskars

Glücklicherweise waren alle Vorbereitungen für die Forschungsreise im März 2018 abgeschlossen, sodass die zweiwöchige Expedition beginnen konnte, die zur Wiederentdeckung dieser Art führte. Diese Expedition wurde von Dr. Frank Glaw, dem Leiter der Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung München, geleitet.

Obwohl die Gruppe aus Fachleuten auf dem Gebiet bestand, verliefen die ersten Tage des Streifzugs erfolglos. Doch gegen Ende ihrer Reise trafen die Abenteurer schließlich doch noch auf das einzigartige Voeltzkow-Chamäleon. Dies bedeutete nicht nur die amtliche Rückkehr einer Art, die als ausgestorben galt, sondern ermöglichte es den Forschenden auch, mehr über den biologischen Aufbau des Tieres zu erfahren.

Im April 2018 wurde dieses unglaubliche Chamäleon nach 113 Jahren ohne Sichtung wiederentdeckt. Überdies konnte man zum ersten Mal Weibchen dieser Art beobachten, die wunderschöne Merkmale aufweisen, die bisher aufgrund mangelnder Daten unbekannt gewesen waren.

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Nie zuvor gesehene Weibchen

Das Voeltzkow-Chamäleon wurde zunächst durch die Beobachtung männlicher Exemplare beschrieben. Aus diesem Grund dachte man, dass die Weibchen keine signifikanten Unterschiede zu den Männchen aufweisen. Als man das Chamäleon wiederfand, stellten die Forscher*innen fest, dass sie sich geirrt hatten.

Das Weibchen dieser Art weist eine Kombination aus leuchtenden Farben mit Schattierungen von Lila, Orange, Rot, Grün, Weiß und Schwarz auf. Diese Muster ändern sich je nach der Stimmung des Weibchens, aber wenn das Tier gestresst ist, kann es die Färbung sogar drastisch verändern.

Die hellen Farbtöne sind nur bei Weibchen zu sehen, die sich bereits gepaart haben und Eier in sich tragen. Aus diesem Grund scheint dieser Mechanismus den Männchen als visueller Indikator zu dienen, um Weibchen zu identifizieren, die sich noch nicht erfolgreich gepaart haben.

Weshalb wurde es so lange nicht mehr gesichtet?

Diese “verlorene” Art ist mit dem Madagaskar-Chamäleon verwandt. Letzteres ist dafür bekannt, dass es die kürzeste Lebenserwartung unter den Chamäleons hat (4 bis 5 Monate), was bedeutet, dass dieses Exemplar und das Voeltzkow-Chamäleon höchstwahrscheinlich denselben Lebenszyklus haben.

Mit anderen Worten: Das Voeltzkow-Chamäleon wird wahrscheinlich nur ein paar Monate leben, bevor es aus seinem Lebensraum verschwindet. Deshalb ist es fast unmöglich, dieses Tier zu bestimmten Zeiten des Jahres zu finden. Dank der erwähnten Expedition wurde jedoch festgestellt, dass die besten Monate, um das Reptil zu finden, März und April sind.

Die Geschichte dieses Chamäleons gibt Anlass zur Hoffnung für Naturschützer*innen, denn sie hilft ihnen, diese Tiere besser zu verstehen. Andere Arten, die sich in der gleichen Situation befinden, haben jedoch (noch) nicht so viel Glück. Trotz vieler schlechter Nachrichten über gefährdete Tiere und dank der Arbeit verschiedener Organisationen haben diese “verlorenen” Tiere durchaus noch eine Chance, dem offiziellen Aussterben zu “entgehen”.


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  • Voeltzkow, Alfred (1913). Reise in Ostafrika in den Jahren 1903-1905. Bild 3 Heft 4-5. Stuttgart. p. 306.
  • Boettger, O. 1913. Reptilien und Amphibien von Madagascar, den Inseln und dem Festland Ostafrikas. Pp. 269-375. In: Voeltzkow, A. Reise in Ostafrika in den Jahren 1903-1905. Wissenschaftliche Ergebnisse. Vol. 3. Systematische Arbeiten. Schweizerbart’ sche Verlagsbuchhandlung, Nägele und Sproesser, Stuttgart.
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