Down-Syndrom bei Katzen: Ist das möglich?
Geschrieben und geprüft von dem Tierarzt und Zootechniker Sebastian Ramirez Ocampo
Der Einfluss des Menschen auf die Genetik von Haustieren – durch Praktiken wie Inzucht – hat das Risiko für angeborene Krankheiten erhöht, die sich bereits in der Entwicklung des Fötus bemerkbar machen. Ist vor diesem Hintergrund das Down-Syndrom bei Katzen möglich?
Beim Menschen ist eine der wichtigsten Krankheiten das Down-Syndrom. Diese Krankheit ist durch körperliche und geistige Veränderungen gekennzeichnet, die bei den Betroffenen auftreten. Aufgrund der Ähnlichkeit bestimmter Katzenkrankheiten mit dem Down-Syndrom glauben manche Menschen, dass auch Katzen daran erkranken können.
Lies weiter und finde heraus, ob es Katzen mit Down-Syndrom gibt oder ob es sich um eine andere Art von Krankheit handelt. Diese wichtigen Informationen über Katzen solltest du nicht verpassen!
Was ist das Down-Syndrom?
Normalerweise hat jeder Mensch insgesamt 23 Chromosomenpaare (46 Chromosomen insgesamt) in seinem Erbgut. Davon sind 22 Autosomen – die nach ihrer Größe nummeriert sind – und ein letztes Paar bestimmt das Geschlecht: XX oder XY (weiblich bzw. männlich).
Bei der Befruchtung stammt die eine Hälfte von der Mutter und die andere Hälfte vom Vater.
Diese angeborene Anomalie – besser bekannt als Trisomie 21 – gilt als die wichtigste genetische Störung, die mit geistiger Behinderung beim Menschen in Verbindung gebracht wird.
In Europa sind schätzungsweise 4,9 von 10.000 Menschen betroffen, in den USA sind es 6,7 von 10.000 Einwohnern.
Laut einem Artikel in der Fachzeitschrift Primates gibt es das Down-Syndrom auch bei einigen Menschenaffen, zum Beispiel bei Schimpansen. Allerdings tritt die Trisomie auf Chromosom 22 auf, das als homolog oder ähnlich zu Chromosom 21 beim Menschen gilt.
Können Katzen das Syndrom haben?
Auch wenn einige Bedingungen den Eindruck erwecken, dass eine Katze dieses Syndrom hat, ist es in Wirklichkeit biologisch gesehen unmöglich. Grundsätzlich kann es keine Katzen mit Down-Syndrom geben, da diese Spezies nur 19 Chromosomenpaare in ihrem Erbgut hat.
Außerdem haben Katzen laut einer in der Zeitschrift Molecular and Cellular Probes veröffentlichten Arbeit keine Schwachstelle auf dem X-Chromosom, die eine geistige Behinderung verursachen könnte. Es gibt auch kein analoges Down-Syndrom-Gen bei Katzen, da die Gene des menschlichen Chromosoms 21 auf dem metazentrischen Chromosom C2 liegen, das sich vom menschlichen Chromosom 21 unterscheidet.
Somit sind weder die biologischen noch die genetischen Voraussetzungen für die Entstehung der Anomalie bei dieser Tierart gegeben. Dennoch sind auch Katzen von Chromosomenveränderungen nicht ausgenommen.
So gibt es zum Beispiel Katzen mit Klinefelter-Syndrom, bei denen die Kater ein zusätzliches X-Chromosom haben. Sie sind also nicht XY, sondern XXY. Dieses Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch Unfruchtbarkeit bei den Katern und ein dreifarbiges Fell, was normalerweise nur bei den Weibchen vorkommt.
Warum wurde die Möglichkeit des Down-Syndroms bei Katzen in Betracht gezogen?
Dieser Glaube verbreitete sich aufgrund des Auftretens einiger Katzen mit Erbkrankheiten oder Problemen während der Schwangerschaft. Die wichtigsten Anzeichen, die dazu führten, dass die Existenz von Katzen mit Down-Syndrom in Betracht gezogen wurde, sind folgende:
- Zwergwuchs
- Schielen
- Mikrophthalmie
- Abgeflachtes Gesicht
- Niedriger Muskeltonus
- Fehlbildung des Nasenbeins
- Schwierigkeiten bei der Koordination von Bewegungen
- Auseinandergezogene und nach oben gewölbte Augen
Während einige dieser Anzeichen auch bei Menschen mit Down-Syndrom auftreten, sind sie bei Katzen die Folge anderer Erkrankungen.
Unter welchen Bedingungen scheint eine Katze das Down-Syndrom zu haben?
Laut der bereits zitierten Studie in der Zeitschrift Molecular and Cellular Probes besitzen Katzen schätzungsweise 35 Gene mit mehr als 50 Mutationen, die mit gesundheitlichen oder optischen Problemen in Verbindung stehen.
Es gibt zum Beispiel Berichte über die Auswirkungen selektiver Zucht bei der Burma-Katze. Die Ergebnisse sind aufschlussreich: Etwa 25 % der Nachkommen kommen mit körperlichen Missbildungen zur Welt, z.B. fehlt die Nasenspitze.
Genetische Probleme sind jedoch nicht die einzige Ursache für strukturelle Fehler bei einer Katze.
Laut dem Artikel Congenital Defects of Kittens (Angeborene Defekte bei Kätzchen) können während der Schwangerschaft bestimmte Situationen auftreten, die zu körperlichen und kognitiven Defekten bei den ungeborenen Katzen führen. Die wichtigsten davon sind die folgenden:
- Intrauterine Infektionen: Katzenmütter, die sich während der Schwangerschaft mit dem Felinen Panleukopenie-Virus infiziert sind, bringen beispielsweise Kätzchen mit zerebraler Hypoplasie zur Welt. Diese Erkrankung führt dazu, dass die Neugeborenen ihre Bewegungen schlecht kontrollieren und koordinieren können. Außerdem zittern und schwanken sie beim Laufen.
- Medikamente: Die Verabreichung von Medikamenten – wie z. B. Griseofulvin – während der Schwangerschaft verursacht Gaumenspalten und andere Missbildungen bei Katzen.
- Chemikalien und Umweltgifte: Pestizide, Herbizide und andere Chemikalien haben teratogene Wirkungen. Sie können körperliche und kognitive Anomalien verursachen.
- Hyperthermie: Eine erhöhte mütterliche Körpertemperatur der Mutter während der Schwangerschaft kann zu Geburtsfehlern führen.
- Ernährungsbedingte Faktoren: Taurinmangel wird mit Missbildungen des Bewegungsapparates bei Katzen in Verbindung gebracht.
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Was ist, wenn meine Katze anders ist?
Wenn dein Tier eine dieser körperlichen oder kognitiven Fehlbildungen hat, kannst du sicher sein, dass es sich nicht um das Down-Syndrom handelt. In den meisten Fällen beeinträchtigen körperliche Fehlbildungen die normale Entwicklung einer Katze nicht, sodass sie die Aktivitäten einer gesunden Katze ausführen kann.
Wenn die Fehlbildung jedoch die Mobilität der Katze beeinträchtigt, kann sie besondere Pflege benötigen. Beispielsweise sollte das Tier daran gehindert werden, hohe Oberflächen zu erreichen. Dadurch soll das Risiko von Stürzen und Traumata, die das Wohlbefinden des Tieres beeinträchtigen könnten, verringert werden.
Ebenso sollten regelmäßige tierärztliche Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Erkrankung keine lebenswichtigen Organe beeinträchtigt. Jedenfalls braucht es, wie jedes andere Haustier auch, Aufmerksamkeit, Pflege und Liebe von seinen Besitzer:innen.
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