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Wusstest du das schon? Tiere können süchtig nach Stoffen werden

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Manche Tiere können von Substanzen in ihrer Umgebung abhängig werden, die entweder natürlich vorkommen oder vom Menschen eingeführt wurden.
Wusstest du das schon? Tiere können süchtig nach Stoffen werden
Letzte Aktualisierung: 29. März 2022

Menschen neigen dazu zu denken: Wir sind die einzigen mit dem Drang, Substanzen zu konsumieren, die das Nervensystem verändern. Aber auch Tiere können nach diesen chemischen Stoffen süchtig werden, da der betroffene Mechanismus im Gehirn beim Menschen und vielen Tierarten ähnlich ist.

Ob aus freien Stücken oder durch menschliche Einwirkung – viele Arten konsumieren Substanzen, die ihr Verhalten verändern. Wenn du mehr darüber in Erfahrung bringen willst, findest du hier die interessantesten Beispiele, die bisher dokumentiert wurden. Lies weiter!

Tiere und die Sucht

Die Erforschung der Funktionsweise und der Wirkung von Drogen wurde hauptsächlich an Labortieren wie Ratten, Schweinen und Fischen (früher auch an Primaten) durchgeführt. Obwohl das Ziel der Versuche darin bestand, nach dem Nutzen für den Menschen zu suchen, wurde es durch diese Experimente möglich, den Mechanismus der Sucht zu erforschen.

Der neurologische Prozess hinter der Sucht ist bei Menschen und Tieren ähnlich: Dopamin und das limbische System sind in erster Linie für die Regulierung der Belohnungskreisläufe im Gehirn verantwortlich. Die Nervenbahnen haben eine klare Funktion: Sie treiben die Wiederholung von Verhaltensweisen an, die anhaltendes Vergnügen nach sich ziehen.

In den meisten Experimenten zeigen die Tiere Anzeichen dafür, dass sie Nahrungsmittel mit süchtig machenden Substanzen bevorzugen oder aktiv danach suchen. Ebenso zeigen sie Anzeichen von Entzugserscheinungen, wenn sie die Substanzen nicht erhalten.

Bei chemischen Stoffen wird die Aktivierung oder Hemmung der entsprechenden neuronalen Rezeptoren ausgelöst. Dadurch entsteht eine konditionierte und unnatürliche Reaktion. Diese führt dazu, dass die chemische Substanz weiterhin konsumiert wird. Auch die Gehirnstruktur und die physiologischen Funktionen verändern sich langfristig durch den Konsum der betreffenden Droge.

Leider „gewöhnt“ sich das Gehirn an diese Aktivitätsspitzen, ausgelöst durch die jeweilige Substanz. Dies erzeugt sowohl körperliche als auch emotionale Abhängigkeit. Wie du dir vorstellen kannst, passiert das auch bei Labortieren, die Drogen ausgesetzt sind.

Lies dazu auch folgenden Artikel: Baldrian für Katzen: Wirkung und Dosierung

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Auch Wildtiere können süchtig nach Substanzen werden

In der Natur gibt es ebenfalls Fälle von Tieren, die süchtig nach Substanzen sind. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Süchte in dem Sinne, wie wir Menschen sie verstehen. Das bedeutet im menschlichen Falle, dass das Leben einer Person durch den Konsum der Droge beeinträchtigt wird. Tiere wiederholen den Konsum der Substanz wegen der angenehmen Wirkungen, die dabei hervorgerufen werden.

Sicherlich fragst du dich jetzt: Welche Tiere können süchtig nach Substanzen werden? Wie unterscheiden sie zwischen etwas, das sie krank macht, und etwas, wovon sie high werden? Hier sind einige bekannte Beispiele, um deine Neugierde zu stillen:

  • Amerikanisches Rentier (Rangifer tarandus): Diese Hirsche werden von Fliegenpilzen (Amanita muscaria) angezogen. Augenzeugen berichten, dass Rentiere nach dem Verzehr dieser Pilze unberechenbar umherlaufen und -springen, seltsame Geräusche von sich geben und den Kopf schütteln.
  • Afrikanischer Elefant (Loxodonta africana): Dickhäuter suchen aktiv nach dem Marula-Baum (Sclerocarya birrea), dessen Früchte einen süßen Geschmack haben. Wenn diese Früchte überreif sind, entsteht im Gärungsprozess Ethanol. Elefanten verhielten sich unberechenbar, nachdem sie sie gefressen hatten.
  • Hauskatze (Felis silvestris catus): Die Auswirkungen von Katzenminze (Nepeta cataria) sind gut bekannt. Dieses Kraut hat mannigfaltige Wirkungen auf Katzen, die von Hyperaktivität und Unruhe bis hin zu Schläfrigkeit und Sabbern reichen. Auch Großkatzen zeigen eine Vorliebe für diese Pflanze.
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  • Delfine (Familie Delphinidae): Die Biologin Lisa Steiner beobachtete 1995 eine Gruppe von Delfinen, die einen aufgeblähten Kugelfisch verfolgten. Sie stellte die Hypothese auf, dass die Tiere vom Nervengift Tetrodotoxin berauscht wurden, welches der Kugelfisch aktiv absondert. Diese Beobachtung muss allerdings noch wissenschaftlich bestätigt werden. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Vergiftung ein Unfall war, der beim Spielen mit dem Fisch entstanden ist.
  • Wallabys  aus der Familie der Kängurus (Macropodidae): Mohnbauern auf der Insel Tasmanien (Australien) berichten, dass Wallabys in ihre Kulturen eindringen, um die Pflanzen zu fressen, die sie als Rohstoff für die Herstellung von Schmerzmitteln anbauen. Nachdem sie vom Mohn gefressen haben, rennen die Beuteltiere solange im Kreis, bis sie das Bewusstsein verlieren.
  • Taufliegen (Drosophila melanogaster): Dies ist ein wirklich interessanter Fall. Laut einer Studie aus dem Jahr 2012 neigen männliche Fliegen, die sich nicht paaren können, dazu, Ethanol zu konsumieren. Es scheint, dass der Paarungsakt und die Wirkung von Alkohol auf gleiche Weise das Belohnungssystem im Gehirn ansprechen. Wider Willens enthaltsame Fliegen suchen auf diese Art Erleichterung durch diese Substanz.

Wie du siehst, ist die Suche nach Vergnügen und neuen Erfahrungen nicht nur auf den Menschen beschränkt. Bei der Vermenschlichung tierischen Verhaltens ist jedoch Vorsicht geboten. Schlüsse, die man aus direkter Beobachtung zieht, können irreführend sein. Das haben wir vorher im Fall der Delfine und des Kugelfisches gesehen. Letztendlich hängt die Bedeutung eines tierischen Verhaltens davon ab, wie man es interpretiert und wer dies tut.

Dazu passt auch folgender Artikel: Konrad Lorenz und die Verhaltensmuster von Tieren

Der Einfluss des Menschen auf die Sucht von Tieren

Es gibt auch Situationen, in denen Tiere nicht freiwillig Substanzen konsumieren, sondern es nur deshalb tun, weil der Mensch ihre Umgebung damit verseucht. Um dir eine Vorstellung davon zu geben, wie so etwas passieren kann, zeigt dir eine Studie, die in der Zeitschrift für experimentelle Biologie veröffentlichte wurde, folgendes: Methamphetamine, die von Chemiefabriken in die Flüsse geleitet werden, lösen bei Forellen (Salmo trutta) ein Suchtverhalten aus.

Kläranlagen können die meisten illegalen Drogen und Medikamente, die Haushalte entsorgen, nicht vollständig entfernen, was sich auf einheimische Arten auswirkt.

Es wurden auch Fälle beschrieben, in denen Fische in mit Verhütungsmitteln verseuchten Gewässern das Geschlecht wechselten. Ein weiteres dokumentiertes Ereignis ist das Auftreten von Verhaltensänderungen bei Wasserlebewesen, in deren Umgebung Spuren von Antidepressiva verklappt wurden.

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Wie du siehst, ist die Tatsache, dass Tiere von chemischen Substanzen abhängig werden können, ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist dieses Verhalten interessant zu beobachten und dient als Modell, um menschliche Süchte zu untersuchen. Auf der anderen Seite erinnert es uns daran, dass wir die Auswirkungen, die wir auf andere Lebewesen haben, neu bewerten müssen.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


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Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.