Erdhörnchen und ihr Beitrag zur Raumfahrt
Geschrieben und geprüft von der Psychologin Sara González Juárez
Der Winterschlaf ist eine der Fähigkeiten von Tieren, die uns Menschen am meisten faszinieren, und das nicht nur, weil sie monatelang schlafen können. Jüngste Entdeckungen über den Winterschlaf von Erdhörnchen deuten sogar auf wichtige Anwendungen im Bereich der Raumfahrt hin.
Da dieser “Abschaltvorgang” überlebenswichtige Funktionen hat und komplexe Prozesse beinhaltet, findest du hier einen informativen Überblick darüber. Zudem erfährst du, warum die Frage “Was haben Erdhörnchen mit der Raumfahrt zu tun?” kein Scherz ist. Fangen wir also mit der Erläuterung an.
Wie ist der Winterschlaf von Erdhörnchen möglich?
Wenn es um die Erforschung des Winterschlafs von Tieren geht, ist das Überraschendste dabei nicht, dass sie monatelang schlafen können. Vielmehr fasziniert die Wissenschaftler:innen am meisten, dass dieser Zeitraum keine gravierenden Auswirkungen auf den Organismus des Tieres hat. Selbst wenn es abgemagert und hungrig aufwacht, leidet es weder an Unterernährung noch an einem einschneidenden Verlust an Muskelmasse.
Der Winterschlaf ist demnach ein Schutzmechanismus, um Zeiten extremer klimatischer Bedingungen zu überleben, ohne “auswandern” zu müssen. Der Winterschlaf erfolgt weder freiwillig noch geht es im eigentlichen Sinne um Schlaf. Es geht vielmehr um eine Reaktion auf äußere Bedingungen, die aus zwei Hauptphasen besteht.
In der ersten Phase überfrisst sich das Tier, um Muskelmasse und Fett anzusetzen. Sobald es in einen Zustand der Bewusstlosigkeit fällt, finden im Körper des Tieres mehrere Veränderungen statt.
Auswirkungen des Winterschlafs auf die Tierwelt
- Es verringert sich die Herzfrequenz: Das Herz eines Bären, der Winterschlaf hält, kann zum Beispiel 5 Mal pro Minute schlagen, ohne dass das Tier stirbt.
- Verringerung der Stoffwechselrate: Durch diese Verringerung der Herzschlagfrequenz senkt der Körper seinen Sauerstoffbedarf, um sich anzupassen und keine Probleme zu bekommen.
- Umwandlung von Harnstoff in stickstoffhaltige Formen: Harnstoff vergiftet den Körper, wenn er nicht über den Urin ausgeschieden wird. Allerdings wachen die Tiere nicht aus dem Winterschlaf auf, um zu urinieren und Stuhlgang zu haben. Dieses Recycling von Harnstoff verhindert eine Vergiftung und schafft gleichzeitig verwertbare Substanzen für das Überleben, wie zum Beispiel Proteine.
- Verringertes Abbauverhalten von Muskelproteinen: Wenn die Tiere aus dem Winterschlaf erwachen, haben sie dank dieses Prozesses nicht viel Muskelmasse durch Inaktivität verloren.
- Die Bildung und Erneuerung von Knochenzellen wird intensiviert: Auf diese Weise werden die Knochen vor Osteoporose und anderen Krankheiten geschützt, die typisch für Inaktivität und einen verlangsamten Stoffwechsel sind.
- Senkung der Körpertemperatur: Ob du es glaubst oder nicht, die Körpertemperatur des Tieres sinkt nicht allzu sehr, nur um ein paar Grad. Das stellt nach wie vor ein Rätsel für die Wissenschaft dar.
Wie halten manche Nagetiere Winterschlaf?
Es gibt viele Arten, die Winterschlaf halten, und jede von ihnen hat ihre eigenen Besonderheiten. Man fand in einer Studie bei einer Erdhörnchen-Art (Spermophilus) heraus, dass der Schlüssel zur Aufrechterhaltung während der monatelangen Lethargie im Mikrobiom ihres Darms liegt.
Obwohl die Tiere erst Monate später reaktiviert werden, bleiben Muskelmasse und -funktion intakt.
Dieses Rätsel bringt eine Theorie zurück, die in den 1980er Jahren formuliert und in einem der Punkte der vorherigen Liste betrachtet wurde – die Rückgewinnung von Harnstoff. Wie bereits erwähnt, vergiftet Harnstoff den Körper, wenn er nicht ausgeschieden wird, so dass der Körper des überwinternden Tieres ihn für den Muskelerhalt verwendet.
Die Autor:innen der Studie fanden heraus, dass Harnstoff vom Blut in den Darm gelangt, wo die Darmflora des Erdhörnchens ihn in Stickstoff und Kohlenstoff zerlegt. Dieser Stickstoff ist das Molekül, das am Aufbau des Muskelgewebes während des Winterschlafs beteiligt ist, so dass es fast keinen Masseverlust gibt.
Was bedeutet das für die Raumfahrt?
Diese Entdeckung ist bahnbrechend und eröffnet mehrere Möglichkeiten für ihre Anwendung in der Wissenschaft. Da das körpereigene Biom Stickstoff herstellen kann, um die Muskeln unter extremen Bedingungen gesund zu erhalten, könnten wichtige Fortschritte bei der Behandlung von Dystrophien gemacht werden, sowohl bei Menschen als auch bei Tieren.
Mikroben, die im menschlichen Darm leben, sind ebenfalls in der Lage, Stickstoff aus Harnstoff rückzugewinnen, allerdings nicht in demselben Maße wie bei Tieren.
Andererseits verlieren Astronauten und Astronautinnen häufig eine große Menge an Muskelmasse, wenn sie ins All reisen. Das liegt daran, dass die Proteinsynthese bei lang anhaltender Mikrogravitation abnimmt. Dieses Problem könnte jedoch gelöst werden, wenn die Darmmikrobiota so verbessert werden könnte, dass sie Harnstoff “recyclen” kann.
Hättest du dir vorstellen können, dass das Wissen über den Winterschlaf von Eichhörnchen die Tür zu so vielen nützlichen Möglichkeiten für den Menschen öffnen könnte? Es geht nicht so sehr um den Muskelschwund von Astronauten und Astronautinnen. Vielmehr geht es um eine Verbesserung der Lebensqualität vieler Menschen. Vom altersbedingten Muskelschwund bis hin zu Krankheiten wie der Sarkopenie verspricht diese Entdeckung eine ganze Reihe von Anwendungsmöglichkeiten.
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