Der Pansen einer Kuh: ein mikrobielles Ökosystem

Der Pansen ist für die Verdauung komplexer Pflanzenverbindungen in einfachere verantwortlich, damit das Tier sie aufnehmen kann. Aus diesem Grund besteht eine Symbiose zwischen dem mikrobiellen Ökosystem und dem Wiederkäuer.
Der Pansen einer Kuh: ein mikrobielles Ökosystem
María Muñoz Navarro

Geschrieben und geprüft von der Biologin María Muñoz Navarro.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Wiederkäuer ernähren sich von Verbindungen, die andere Arten (beispielsweise der Mensch) nicht verdauen können. Dies ist einer großen Vielfalt von Mikroorganismen zu verdanken; diese sind für die anaerobe Verdauung (ohne Sauerstoff) dieser Nährstoffe im Pansen durch einen als Fermentation bezeichneten Prozess verantwortlich.

Dieser Prozess ist für das Überleben vieler Arten, die von landwirtschaftlicher Bedeutung sind, wie zum Beispiel Kühe, notwendig. Im Folgenden werden wir dir erklären, was der Pansen eigentlich ist und welche Mikroorganismen an diesem faszinierenden Prozess beteiligt sind.

Der Pansen

Wiederkäuer (Rinder, Ziegen, Hirsche und Schafe) haben ein recht komplexes Verdauungssystem, das aus vier Hohlräumen besteht. Es handelt sich um die folgenden:

  • Netzmagen
  • Pansen
  • Blättermagen (das Omasum)
  • Labmagen

Im Pansen produzieren Tausende mikroskopisch kleiner Lebewesen Enzyme, die helfen, Pflanzenfasern und Zellulose zu verdauen. Deshalb sagen wir, dass der Pansen ein mikrobielles Ökosystem ist, in dem Bakterien 60 % der Mikroorganismenpopulation ausmachen.

Der Wiederkauprozess

Der Pansen kommuniziert über die Speiseröhre mit dem Maul des Tieres. Dies sind die Schritte, die die Nahrung bis zu ihrer Verdauung durchläuft:

  • Zunächst nehmen die Tiere Pflanzen auf, die Zellulose, Stärke, Pektine und andere Elemente enthalten, die Wiederkäuer nicht direkt verdauen können, da sie nicht über die erforderlichen Enzyme verfügen.
  • Dann gelangt die Nahrung vom Maul des Tieres in den Pansen, wo Mikroorganismen diese komplexen Moleküle in einfachere umwandeln, wie zum Beispiel Fettsäuren mit niedrigem Molekulargewicht, Kohlendioxid und Methan.
  • Sobald diese Moleküle vollständig in solche aufgespalten sind, die der Darm des Tieres aufnehmen kann, kehrt das Futter in das Maul zurück, wo es erneut gekaut und wieder aufgenommen wird.
  • Schließlich gelangt die halbverdaute Nahrung in den Netzmagen und dann in den Blättermagen (Omasum) und den Labmagen (den Hauptmagen), da dort der Verdauungsprozess stattfindet.

Der Fermentationprozess

Diese mikrobiellen Gemeinschaften produzieren Enzyme mit wichtigen Funktionen, um Kohlenhydrate (aus Zellulose, Stärke und Zucker) sowie Stickstoffverbindungen und Lipide abzubauen. Dieser Abbau geschieht durch einen Fermentationsprozess.

Dieser Prozess ist wesentlich für die Gewinnung von Energie (in Form von ATP), für das Wachstum der Mikroorganismen selbst und für die Produktion essentieller Moleküle, wie zum Beispiel Glukose. Sie sind aber auch wichtig in Verbindungen, die Stickstoff enthalten, der für die Proteinsynthese essentiell ist.

Die Mikroorganismen selbst produzieren sie im Inneren der Kuh und das Verdauungssystem des Tieres erhält eine Energiequelle, ohne auf externe Elemente wie Vitamin B oder essentielle Aminosäuren zurückgreifen zu müssen.

Diese Mikrobiota enthält Bakterien, Archaeen, Protozoen und Pilze.

Der Pansen – eine symbiotische Beziehung in einer anaeroben Umgebung

Wie du siehst, ist der Pansen ein Beispiel für eine wechselseitige Symbiose: Wiederkäuer bieten den Mikroben eine geeignete Umgebung für ihr Wachstum und ihre Aktivität. Im Gegenzug versorgen die Mikroorganismen den Wirt mit Nährstoffen, die er sonst nicht verdauen könnte.

Auf diese Weise erhalten Wiederkäuer eine ballaststoffreiche und eiweißarme Ernährung.

Das Ökosystem eines Wiederkäuers besteht aus einer großen Vielzahl an Mikroorganismen. Diese gehen in einer Umgebung, in der es keinen Sauerstoff gibt, eine symbiotische Beziehung ein.

Diese Mikrobiota enthält Bakterien, Archaeen (in Form von Methanbildnern), Protozoen und Pilze. Die Bakterien sind hier jedoch am empfindlichsten gegenüber den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Pansens. Diejenigen, die diese Gemeinschaft dominieren, gehören zwei verschiedenen Stämmen an:

Die Archaeen machen ungefähr 1 % der mikrobiellen Masse aus, während es bei den Eukaryoten Protozoen gibt. Diese machen wiederum ein Drittel der Gesamtmenge aus. Und schließlich gibt es auch noch einige Pilze.

Der Pansen und Bakterien

Kühe müssen Zellulose, den Hauptbestandteil der Zellwand von Pflanzen, richtig verdauen. Daher sind cellulolytische Bakterien unerlässlich.

In diesem Fall wirkt sich ein pH-Wert von weniger als 5,5 auf den Prozess der Faserverdauung aus und eine Temperatur von 39 °C beeinträchtigt die Fähigkeit der Bakterien zur Anhaftung.

Amylolytische Bakterien sind aufgrund des Vorhandenseins von Stärke im Futter von Rindern und Kühen (Getreide) ebenfalls wichtig.

Milchsäurebakterien verstoffwechseln Milchsäure und kontrollieren deren Anreicherung. Somit helfen sie, den pH-Wert im richtigen Bereich zu halten.

Schließlich spielen auch Pektin abbauende Bakterien eine wichtige Rolle, da Pektin 10 bis 20 % der gesamten Kohlenhydrate in der Nahrung dieser Tiere ausmacht.

Methanbildner

Die Aktivität von Mikroorganismen ist die Hauptquelle von Treibhausgasen in der Landwirtschaft. Methan wird von Methanbildnern erzeugt und als Endprodukt der Fermentation gewonnen. Einige betrachten dies als einen Energieverlust, da es 6 bis 10 % der Gesamtenergie ausmacht.

Dieses Gas trägt zum Treibhauseffekt bei, wenn es in die Umwelt übergeht. Während der Methanogenese nehmen die CO2- und Wasserstoffwerte im Medium ab; das ist gut, weil es notwendig ist. 80 % des Methans sind auf die Fermentation der Faser (Zellulose) zurückzuführen, während die restlichen 20 % auf die Zersetzung des Dungs zurückzuführen sind.

Protozoen

Diese Mikroben verringern das Risiko einer Übersäuerung nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln, die eine hohe Konzentration an leicht verdaulichen Zuckern haben.

Die Hauptfunktion von 90 % der Wimpertierchen-Protozoen besteht darin, Zellulose zu hydrolysieren und zu fermentieren. Das Wimpertierchen Diplopastron affine hat eine amylolytische Aktivität, mit der es Maltose und Glukose produziert.

Der Pansen und Pilze

Einige cellulolytische Pilze produzieren bestimmte Enzyme, die Zellulose und Xylane hydrolysieren können. Die Pilzaktivität fördert die Verdauung der Zellwand von Gemüse.

Diese sind vor allem dann wichtig, wenn Wiederkäuer verholzte Substrate aufnehmen. Neocallimastix frontalis zum Beispiel löst die Auskleidung in den Zellwänden auf. Infolgedessen können Bakterien problemlos an die Zellulose gelangen.

Dieses Ökosystem eines Wiederkäuers besteht aus einer großen Vielzahl an Mikroorganismen

Die Bedeutung von Mikroben

Wie du siehst, sind Mikroorganismen für den Abbau der von Wiederkäuern aufgenommenen Nahrung unerlässlich. Daher ist dies ein weiteres Beispiel für die große Bedeutung dieser einzelligen Wesen in der Tierwelt.

Abschließend möchten wir noch darauf hinweisen, dass diese Mikrobiota in einem gutem Zustand bleiben muss, um physiologische Probleme (beispielsweise eine Übersäuerung) bei den Tieren zu vermeiden.


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