Invasive Ratten und ihr Einfluss auf Rifffische
Geschrieben und geprüft von der Psychologin Sara González Juárez
Wenn du diese Überschrift liest, hast du dich vielleicht gefragt, was invasive Ratten mit Rifffischen zu tun haben. Es handelt sich ja um Arten, die ganz unterschiedliche Biome bewohnen. Ökosysteme haben ein empfindliches Gleichgewicht, das ein einziger Faktor wie eine vom Menschen eingeschleppte Art innerhalb weniger Jahre zerstören kann.
Dies ist einer der jüngsten dokumentierten Fälle – ein weiterer Beweis dafür, dass wir den Planeten gefährden. Bisher war der Zusammenhang zwischen den trophischen Ketten eines Ökosystems und den Folgen auf der ökologischen Ebene noch nicht so gründlich erforscht worden. Werfen wir einen genaueren Blick darauf.
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Tropische Inseln und das empfindliche Gleichgewicht der Riffe
Korallenriffe sind sowohl ein Zufluchtsort für eine unglaubliche Vielfalt an Lebewesen als auch ein Grundpfeiler dieser Art von Ökosystem. Doch alle Elemente, die darin vorkommen, ob lebendig oder nicht, spielen eine unverzichtbare Rolle für das Gleichgewicht, ohne dass der gesamte Lebensraum geschädigt wird.
Unsere Spezies beeinflusst die Ökosysteme manchmal unbeabsichtigt und manchmal weniger stark mit ihrer Aktivität. Das führt zu negativen Folgen wie dem Verlust von Nährstoffen in der Umwelt. Diese Nährstoffe haben einen Wirkungspfad. Wenn dieser unterbrochen wird, beeinflusst das alle Arten und verändert ihre Gewohnheiten und ihr Verhalten.
Da die Wechselwirkung zwischen so vielen Elementen so komplex ist, ist es oft unmöglich, die Auswirkungen menschlichen Handelns vorherzusehen, zumindest die, die ungewollt sind. Das Beispiel der invasiven Ratten hat einen der am wenigsten untersuchten Prozesse in dieser Hinsicht verdeutlicht: den Weg der Nährstoffe in einem Ökosystem und die Rolle, die er für seine Artenvielfalt spielt. Werfen wir einen Blick darauf.
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Die Studie, die einen Zusammenhang zwischen invasiven Ratten und Rifffischen herstellte
Im Jahr 2023 wurde in der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution eine Studie veröffentlicht. Dort untersuchten Wissenschaftler:innen, wie Hausratten (Rattus rattus) das Revierverhalten von Meereswirbeltieren beeinflussen. Für diese Arbeit wurden Beobachtungen von 5 verschiedenen tropischen Inseln im Indischen Ozean verglichen. Diese wiesen jeweils eine unterschiedliche Konzentration von Hausratten auf.
Vögel und Ratten
Hausratten kamen im 18. Jahrhundert als blinde Passagiere auf Schiffen aus Europa. Seitdem haben sich diese Nagetiere dank ihrer Fähigkeit, sich an neue Umgebungen anzupassen, eine Nische im Ökosystem geschaffen. Ihre Auswirkungen sind jedoch nicht unbemerkt geblieben. Das merkten vor allem die Vögel der tropischen Inseln, da diese Ratte zu ihren Fressfeinden gehört.
Durch diesen Raub und den Verzehr ihrer Eier hat sich die Dichte der Seevögel verringert. In der Studie selbst heißt es: “Seevögel tragen weltweit zum Nährstofftransfer bei und sind für eine Kaskade von Nährstoffen in terrestrischen und marinen Ökosystemen verantwortlich, indem sie nach der Nahrungsaufnahme im offenen Meer ihren Kot auf Inseln absetzen.”
Die Hausratte als eingeschleppte Art stört diesen Nährstoffweg.
Vogelkot und Rifffische
Die Nährstoffe im Seevogelkot reichern die Meeresumwelt an, indem sie Algen und Fischen mehr Stickstoff zur Verfügung stellen, das Korallenwachstum begünstigen und letztlich die Biomasse der Meereswirbeltiere erhöhen. Wenn also die Zahl der Seevögel zurückgeht, sinkt der biologische Wert dieser Ökosysteme.
Und hier kommen wir zum Gelbschwanz-Riffbarsch (Microspathodon chrysurus), ein regelmäßiger Konsument der Algenflecken auf den Riffen. Normalerweise verteidigen die Fische diese mit aggressiven und territorialen Verhaltensweisen gegen andere Meerestiere. Auf Inseln mit einem hohen Rattenbefall ist dies jedoch nicht mehr der Fall. Warum ist das so? Schauen wir uns das mal an.
Die indirekten Auswirkungen der invasiven Ratten auf das Riff
Die leitenden Forscher:innen der Studie bemerkten diesen Zusammenhang zwischen den Ratten und dem veränderten Verhalten der Riffbarsche. Durch die Messung der Qualität der umgebenden Gewässer von Inseln mit großen Rattus rattus Populationen, stellten sie fest, dass es 251-mal weniger Stickstoff gab als in den Gewässern, die frei von dem Befall waren.
Das bedeutete, dass der Nährwert der Algenfelder, von denen sich die Riffbarsche ernähren, drastisch sank. Daher war die Anzahl der Nährstoffe, die dieses Tier pro Arbeitseinheit erhielt, so gering, dass Territorialität und Aggressionsverhalten immer seltener wurden.
Mit anderen Worten: Warum etwas verteidigen, das es nicht wert ist, verteidigt zu werden?
Andererseits waren die Reviere der Riffbarsche viel größer, was darauf hindeutet, dass sie die Nahrungssuche der Revierverteidigung vorziehen. Daraus schließen wir, dass die Unterbrechung des Nährstoffflusses das Verhalten der Tiere in der Umgebung beeinflusst, was wiederum zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Umgebung selbst führt.
Hättest du dir vorstellen können, dass es diesen Zusammenhang zwischen invasiven Ratten und tropischen Riffen gibt? Den Einfluss unserer Spezies auf den Planeten zu messen und zu minimieren, ist der Schlüssel zum Erhalt dessen, was von ihm übrig ist.
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- Rattus rattus (house rat). (s. f.). Animal Diversity Web. https://animaldiversity.org/accounts/Rattus_rattus/
- Gunn, R. L., Benkwitt, C. E., Graham, N. A., Hartley, I. R., Algar, A. C., & Keith, S. A. (2023). Terrestrial invasive species alter marine vertebrate behaviour. Nature Ecology & Evolution, 1-10.
- Rocha, L.A. & Myers, R. 2015. Microspathodon chrysurus. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T188617A1902927. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2015-4.RLTS.T188617A1902927.en. Accessed on 30 January 2023.
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